ZEBB Friedenskreis

„BE THE CHANGE YOU WHANT TO SEE IN THE WORLD“
(Mahatma Gandhi)

Jeder und jede hat seine eigene Vision für diese Welt.
Was uns verbindet, ist das Bewusstsein, dass im Herzen eines friedvollen Miteinanders auf diesem Planeten, ein Friede unter den Religionen stehen wird.

Wir bringen uns mit unseren Gaben und Talenten ein, und wollen auch konkret mit einzelnen Projekten neue Formen einer friedlichen Welt gestalten. Im Mittelpunkt steht, den interreligiösen Dialog zu fördern.

Wir verfolgen menschliche, soziale, spirituelle, kreative und freudige Absichten, aber KEINE politischen.

Wir freuen uns, wenn du den Ruf verspürst, deine Visionen, Talente und Gaben in unseren Kreis einzubringen.

Willkommen im Kreis!

Im Gehen von heilsamen Wegen ...

Es ist notwendig, dass alle jetzt an einem Strang ziehen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern
(Aiman Mazyek, Zentralrat der Muslime).

Frieden ist nur möglich, wenn Menschen und Staaten der Logik der Verachtung, der Verfeindung und Vernichtung die Logik der ausgestreckten Hände entgegensetzen
(Irme Stetter-Kampp,  Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken
(ZdK).

Es braucht eine Haltung der Einfühlsamkeit, um inmitten all der Weltverwundungen an Frieden zu glauben, für ihn zu beten. Es braucht den festen Glauben daran, Frieden erringen zu können. 
(Kirsten Fehrs,  Bischöfin, stellvertr. Ratsvorsitzende der EKD).

Friedens-Stellungnahme

Mit großer Bestürzung nehmen wir als Angehörige verschiedener Religionsgemeinschaften die Auswirkungen militärischer Gewalt in Israel, Palästina in vielen Gebieten des Nahen Ostens und anhaltend in der Ukraine wahr. Wir teilen mit unseren Geschwistern aus anderen Religionen und Ländern die Ängste um ihre Familien und Freunde. Wir trauern mit ihnen angesichts der massenhaften rücksichtslosen Zerstörung von Menschenleben.

Gemeinsam unterstützen wir durch Beten, Hoffen und Handeln diejenigen, die sich für die Überwindung von Gewalt und für einen gerechten Frieden einsetzen. Wir bitten die im Raum Sonneberg, Kronach, Neustadt .C und Coburg lebenden Menschen im alltäglichen Umgang und bei ihrem jeweiligen Engagement, für ein Ende der Gewalt einzutreten, die religiöse Überzeugung, die unantastbare Menschenwürde und die Unversehrtheit Andersdenkender zu respektieren. 

Wir laden ein zum gemeinsamen Friedensgebet der Religionen am Samstag, den 11.November 2023 um 14 Uhr im ZEBB Sonneberg, um ein Zeichen für Frieden, Toleranz und Gewaltlosigkeit zu setzen.
ZEBB Sonneberg, Ginkha K. Volkmann

Friedensmanifest der Vernunft

Es ist nicht leicht, Worte zu finden
Worte, die noch sichtbar sein können,
jetzt, in dieser Spaltung der Welt.
Worte, die noch hörbar sein können,
in dem beängstigenden Geräusch, diesem Grollen,
das das Auseinanderbrechen dieser Spaltung bedeuten kann,
– und dieser Welt.

Worte, die Hoffnung auf Frieden aufzeigen,
zwischen Hass, Rache und Gewalt.

Auf beiden Seiten : Religion und Feindschaft.
Die Erfahrung dieser Feindschaft,
ist die Erfahrung von Leid und Tod.
Diese Feindschaft ist nicht nur die Erfahrung
von Zerstörung und Vernichtung,
es ist auch die Erfahrung,
dass dieser Kampf : Gut gegen Böse, nicht enden kann.

Feinde sterben,
aber der Hass wird damit niemals besiegt.
Es ist die Wirklichkeit der Hydra,
der, ein Kopf abgeschlagen, zwei neue Köpfe wachsen.
Es ist die Erfahrung,
dass die Ursache von Hass und Feindschaft
den gewaltsamen Tod des Feindes überlebt.
Und mehr noch : in ihm wächst, wie ein Dämon,
der sich gewaltig ausbreitet über die Schlachtfelder,
und die Überlebenden auf beiden Seiten
mit Wahnsinn nährt, der keine Grenzen kennt.

In diesem Kampf stehen sich nicht Gut und Böse gegenüber.
Denn jede Seite ist „das Gute“ ,
und doch „das Böse“ in den Augen des Gegeners.

> Aug‘ um Auge < hat die Welt blind gemacht,
blind vor Rache,
und auch die Vernunft der Kämpfenden ist erblindet,
und irrt zwischen Trümmern umher.

Der uralte Kampf Gut gegen Böse kann niemals gewonnen werden.
Gewalt erzeugt Gegengewalt.
Rache gebiert Chaos.

Es sind Vernunft und Liebe,
die Ordnung und Frieden erschaffen.
Und jeder Stein, der geworfen wird,
jedes Wort der ausschließlichen Parteinahme,
vertieft die Spaltung, das Chaos
und die endlose Spirale von Hass und Gewalt.

Werden Religionen, die den Weg des Krieges wählen, überleben?
Werden sie mit der Vernichtung des Gegners
nicht auch sich selbst ausgelöscht haben ?

Aug‘ um Auge : damit wird Heute das Ende der Menschheit sichtbar.


Wir haben nur diese eine Erde.
Unsere Erde, das gemeinsame Land.
Und wir haben die Freiheit, zu wählen.

Wir können die Spaltung, das Chaos, die Vernichtung wählen.
Und wir haben die Freiheit,
die ordnende Kraft der Vernunft zu wählen,
die imstande ist, die Ursachen von Hass und Gewalt zu verstehen.

Wir rufen alle HüterInnen dieser Erde,
– unserer Erde, auf,
sich in die Mitte zu stellen,
auf den Platz des Wortes, der Verhandlung.

Es gibt für unseren Planeten nur eine Chance des Weiterbestehens :
Wir werden nur überleben, in der friedlichen Koexistenz der Religionen.

Wir müssen in die Mitte treten,
in die Mitte der Vernunft, und in die Mitte des Herzens,
von der aus allein es eine Zukunft geben kann :
für den Menschen, für alle Wesen, für die Kinder dieser Erde.

Eine Zukunft, in der Freude und Entfaltung einen Platz haben,
und nicht Bomben und Vernichtung.


Wir rufen alle Menschen auf,
aus den Gründen
der höheren Vernunft
und der Liebe,
aus der Spaltung herauszutreten,
und sich in die Mitte zu stellen.

Aus diesem Ort heraus, wird es Frieden geben.

 

Ginkha K. Volkmann

Friedensgebete der Religonen
(vorgeschlagen vom Runden Tisch der Religionen in Deutschland)

Buddhistischer Friedenstext

Mögen die leiderfüllten Wesen in allen Seinsbereichen
Unverzüglich von ihren Schmerzen befreit werden.
Mögen die Furchtsamen von Angst erlöst
Und die Verfangenen von Verstrickungen befreit werden.
Mögen die Entmachteten Kraft finden
Und alle Wesen einander wohlgesonnen sein.
Mögen alle die haltlos in der Wildnis
Der Welt der Erscheinungsformen wandern –
die Kinder, die Alten, die Schutzlosen –
von den göttlichen Wohltätern behütet werden
und ihre ursprüngliche Buddha-Natur auf der Stelle erkennen.
Friedensgebet aus dem Christentum
„O Herr aller, der du jede Bemühung um ein besseres Verständnis, um gegenseitiges Annehmen und um weltumfassende Solidarität inspirierst und segnest, wir danken dir für den Glauben, den du uns geschenkt hast, und für das Bemühen um einen gerechten Frieden, das uns hier zusammengeführt hat.
Reinige uns und unsere religiösen Traditionen von allen Spuren der Enge und Intoleranz; schenke immer mehr Menschen, besonders jungen Menschen, deinen Geist, dass sie sich denen anschließen, die für den Frieden arbeiten. Stehe ihnen bei, dass sie – über alle Grenzen und über alle selbstsüchtigen Ziele und Interessen hinaus – ein Bewusstsein von der Einheit der Menschenfamilie entwickeln und eine verantwortliche Gemeinschaft aufbauen.
Insbesondere bitten wir dich: Schenke uns allen eine tiefe Glaubenserfahrung, die uns weiter zu dir bringt als zu der Quelle der Wahrheit und Güte. Pflanze uns ein umfassendes Bewusstsein ein von der unerträglichen Bürde der Armut, die Millionen unserer Schwestern und Brüder tragen müssen, von der immer größer werdenden Schere zwischen der nördlichen und der südlichen Hemisphäre, und von dem dämonischen Streben nach Massenvernichtungswaffen.
Entfalte in uns einen größeren Geist persönlicher und gemeinschaftlicher Verantwortung, damit die Schätze der Erde – statt für die Zerstörung unseres Planeten – in kluger Anwaltschaft und in einer lodernden Flamme uns gemeinsam umschließender Liebe dazu genutzt werden, die Menschen der Erde in Freiheit, Freundschaft, Gerechtigkeit und Frieden zusammenzuführen.“
(Angelo Fernandez, Bischof von Neu Delhi, erster Präsident von Religions for Peace, in Melbourne 1989)
Baha¹i-Gebet für den Frieden

O Du gütiger Gott! O Du, der Du freigebig und barmherzig bist! Wir sind Diener an Deiner Schwelle und sind versammelt im schützenden Schatten Deiner göttlichen Einheit. Die Sonne Deines Erbarmens scheint auf alle und die Wolken Deiner Großmut regnen auf alle. Deine Gaben umfassen alle, Deine liebende Vorsehung erhält alle, Dein Schutz beschirmt alle, und Deine Gunst erfasst alle mit ihrem Leuchten.
O Herr! Gewähre uns Deine unendlichen Gaben und lass das Licht Deiner Führung scheinen. Erleuchte die Augen, erfreue die Herzen mit bleibender Freude. Verleihe allen Menschen einen neuen Geist und schenke ihnen ewiges Leben. Öffne die Tore wahren Verstehens und lass das Licht des Glaubens strahlen. Sammle alle Menschen im Schatten Deiner Großmut und gib, dass sie sich einträchtig vereinen, auf dass sie wie die Strahlen einer Sonne, die Wellen eines Meeres und die Früchte eines Baumes werden. O dass sie doch alle trinken vom selben Born, dass sie erfrischt werden von derselben Brise und erleuchtet vom selben Lichtquell! Du bist der Gebende, der Barmherzige, der Allmächtige.
(Abdu¹l-Baha)

Aus dem Baha¹i-Schrifttum

Sei freigebig im Glück und dankbar im Unglück.
Sei des Vertrauens deines Nächsten wert und schaue hellen und freundlichen Auges auf ihn.
Sei ein Schatz dem Armen, ein Mahner dem Reichen, eine Antwort auf den Schrei des Bedürftigen, und halte dein Versprechen heilig.
Sei gerecht in deinem Urteil und behutsam in deiner Rede. Sei zu keinem Menschen ungerecht und erweise allen Sanftmut.
Sei wie eine Lampe für die, so im Dunkeln gehen, eine Freude den Betrübten, ein Meer für die Dürstenden, ein schützender Port für die Bedrängten, Stütze und Verteidiger für das Opfer der Unterdrückung. Lass Lauterkeit und Redlichkeit all dein Handeln auszeichnen.
Sei ein Heim dem Fremdling, ein Balsam dem Leidenden, dem Flüchtling ein starker Turm.
Sei dem Blinden Auge und ein Licht der Führung für den Fuß des Irrenden.
Sei ein Schmuck für das Antlitz der Wahrheit, eine Krone für die Stirn der Treue, ein Pfeiler im Tempel der Rechtschaffenheit, Lebenshauch dem Körper der Menschheit, ein Banner für die Heerscharen der Gerechtigkeit, ein Himmelslicht am Horizont der Tugend, Tau für den Urgrund des Menschenherzens, eine Arche auf dem Meer der Erkenntnis, eine Sonne am Himmel der Großmut, ein Stein im Diadem der Weisheit, ein strahlendes Licht am Firmament deiner Zeitgenossen, eine Frucht am Baume der Demut.
(Baha¹u¹llah)

 Friedensgebet aus dem Christentum im Geist von Franz von Assisi

Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst; dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist; dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht; dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert; dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird vergeben;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Gebete in Hindu-Tradition

OM
sarvesham svastir bhavatu, sarvesham shantir bhavatu,
sarvesham purnam bhavatu, sarvesham mangalam bhavatu,

sarve bhavantu sukhinah, sarve santu niramayaah,
narve bhadrani pashyantu, ma kaschid-dukha-bhag-bhavet

amritasya deva dharano bhuyasam, shariram me vicarshanam, jihva me madhumattama,
karnabhyam bhuri vishruvam, ma vid vishavahai
Om Shanti Shanti Shantihi

OM
Wohlergehen sei mit allen. Friede sei mit allen.
Fülle sei mit allen. Reichtum sei mit allen.

Mögen alle glücklich sein. Mögen alle frei von Krankheiten sein.
Mögen sich alle um das Wohlergehen anderer kümmern. Möge niemand an Sorgen leiden.
Mögen wir alle Unsterblichkeit erhalten. Mögen unsere Körper fit werden.
Mögen unsere Worte überaus süß sein. Mögen wir hören gute Dinge mit  den Ohren.
Mögen wir frei sein von Streit.
Om Frieden Frieden Frieden!

—-

Dies ist an dich mein Gebet: Triff, triff bis zur Wurzel des Mangels mein Herz.
Gib mir die Kraft, leicht meine Freuden und Sorgen zu tragen.
Gib mir die Kraft, meine Liebe fruchtbar im Dienste zu machen.
Gib mir Kraft, die Armen nie zu verleugnen und meine Knie vor fremder Macht nicht zu beugen.
Gib mir die Kraft, meinen Geist über das Nichtige zu erheben, das mich täglich gefangen nehmen will.
[Gib mir die Kraft, im Menschen aus verschiedenen Kulturen und religiösen Traditionen deine Nähe zu spüren,] und gib mir die Kraft, mich deinem Willen hinzugeben in Liebe.
(nach Rigveda, Yajurveda und Atharvaveda und Rabindranath Tagore)


Friedensgebet aus dem Judentum

Gott, der du alles geschaffen hast, wir beten in Ehrfurcht zu dir, getrieben von dem Traum, dass ein harmonisches Zusammenleben zwischen den Menschen möglich ist. Wir kommen aus den unterschiedlichsten Traditionen, wir sind geprägt von gemeinsamen Glaubens- und Lebensweisheiten, aber auch von tragischen Missverständnissen; wir teilen große Hoffnungen und erste bescheidene Erfolge. Jetzt ist es für uns an der Zeit, dass wir einander im Bewusstsein unserer Vergangenheit begegnen, mit ehrlichen Absichten, mit Mut und der Bereitschaft, einander zu vertrauen, in Liebe und Zuversicht.
Lass uns das, was wir teilen, als gemeinsames Gebet der Menschheit vor dich bringen; und lass uns das, was uns trennt, als Zeichen der wunderbaren Freiheit der Menschen ansehen. Lass uns in unserer Verbundenheit und in unserer Verschiedenheit nicht vergessen, dass du, Gott, ein und derselbe bist.
Möge unser Mut unseren Überzeugungen gleichkommen, und möge unsere Aufrichtigkeit so groß sein wie unsere Hoffnung. Möge unser gemeinsamer Glaube an dich uns einander näher bringen. Mögen unsere Begegnung mit der Vergangenheit und unsere Erfahrungen in der Gegenwart Segen bringen für unsere Zukunft. Amen.
(Jonathan Magonet)

Muslimisches Gebet

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen:
Lobpreis sei dem Herrn der Welt, der uns erschaffen
und allen Stämmen und Nationen Land gegeben hat, auf dass
wir einander kennen mögen, nicht um einander Verachtung zu zollen.
Sollte dein Feind nach Versöhnung streben,
so trachte auch du nach dem Frieden und vertrau auf Gott, den Einen,
der alle Dinge hört und weiß.
Unter den Dienern Gottes sind ihm jene am nächsten,
die in Demut wandeln, und wenn wir ihnen begegnen,
sagen wir „O Friede, mein Friede“ zu ihnen.

Muslimische Rezitation aus dem Qur’an Surah 3

Im Namen Gottes des Barmherzigen, des Erbarmers
8 Unser Herr, lass unsere Herzen nicht mehr irregehen, nachdem Du uns leitetest, und gib uns von Dir her Barmherzigkeit! Siehe Du bist der Geber.
18 Bezeugt hat Allah, dass es keinen Gott gibt außer Ihm, und die Engel und die Wissenden, stehend in Gerechtigkeit (verkünden): „Es gibt keinen Gott außer Ihm, dem Mächtigen, dem Weisen“.
19 Siehe die Religion bei Gott ist die Hingabe (an Ihn) …
25 Aber wie, wenn wir sie versammeln für einen Tag an dem kein Zweifel ist, und jeder Seele nach Verdienst vergolten wird, und sie nicht Unrecht erleiden sollen?
26 Sprich: „O König des Königtums, Du gibst das Königtum, wem Du willst, und ehrst, wen Du willst, und demütigst wen Du willst, in Deiner Hand ist das Gute, siehe, Du hast Macht über alle Dinge.
27 Du lässest die Nacht übergehen in den Tag und lässest den Tag übergehen in die Nacht, und lässest das Tote aus dem Lebendigen erstehen, und versorgst, wen Du willst, ohne Maß.
(Al-Imran)

Sikh-Friedensgebet
(aus dem heiligen Buch der Sikhs – Guru Granth Sahib)

O Herr, die Welt brennt.
Rette sie durch Deine Gnade.
Erlöse sie, O Herr, wie es Deinem Willen entspricht.
Der wahre Meister hat den Weg zum Frieden
durch Meditation in Gott gezeigt.
Nanak sagt: außer dem Herrn kenne ich niemand,
der uns erlösen kann.

O Herr, in Deiner Barmherzigkeit beschütze uns alle.
Schenke uns reichlich Nahrung und Wasser
und entferne alle Not und alles Elend.
Durch Deine Gnade erhörst Du unsere Bitten,
damit Friede und Sättigung überall herrschen.
O Herr, nimm uns in Deine Obhut
und erlöse uns von aller Not.
Nanak sagt: wenn wir im Gottes Namen meditieren,
Erfahren wir alle Glückseligkeit.

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© Religionen auf dem Weg des Friedens | GN/TMS

von Leo Tolstoi:

Nicht die Regierungen werden die Kriege abschaffen.
Die Kriege können nur abgeschafft werden von denen,
welche sie zu erleiden haben,
sie werden nicht mehr möglich sein,
wenn eine wahre Religiosität
so verbreitet sein wird,
dass die Mehrheit der Menschen lieber Leid erdulden
als verursachen will und somit den Krieg unmöglich machen.

Interreligiöser Dialog

1. Allgemein

Unter I.m D. versteht man vielfältige Formen der Begegnung, Beziehung, Interaktion zwischen Angehörigen verschiedener Religionen im Dienst eines friedlichen Zusammenlebens. Der Begriff taucht angesichts der wachsenden religiösen Pluralisierung verstärkt ab den 1960er Jahren zunächst im englischsprachigen Raum auf („interreligious dialogue“/„inter-faith dialogue“). Religionsbegegnung ist jedoch im Grunde so alt wie die Religionen selbst, sind diese doch keine geschlossenen Systeme, sondern stehen bereits in ihrer Entstehung und Entwicklung immer mit ihren Vorgänger- und Nachbarreligionen in Beziehung, sei es auch in Form von Abgrenzung oder Auseinandersetzung. Wichtig für die Gestalt und das Gelingen des I.n D.s sind der Status der jeweiligen Religionsgemeinschaften in Staat und Gesellschaft und die rechtlichen Rahmenbedingungen.

2. Gespräch als Apologetik und Selbstvergewisserung

Im Verhältnis von Juden und Christen entwickelte sich sehr früh eine apologetische Auseinandersetzung, deren Zeugnisse, etwa das literarisch nach dem Modell des platonischen Dialogs gestaltete Gespräch zwischen dem Kirchenvater Justin und dem Juden Tryphon, das sich in der Literaturgattung der Adversus-Judaeos-Schriften niedergeschlagen hat. In diesen häufig fiktiven oder zumindest stilisierten, aber auf konkrete Dialogerfahrungen zurückgehenden Texten wird deutlich, dass sie sich nicht nur an die „Gegner“, „die Juden“, sondern ebenso und vielleicht sogar in erster Linie an die eigene Gemeinde richten, um diese in ihrem Glauben in Zeiten der Anfechtung zu bestärken. Es geht um Identitätssicherung und Selbstvergewisserung durch Abgrenzung vom bzw. Abwertung des anderen, woraus eine unheilvolle Tradition der christlichen Judenfeindschaft entstand. Ähnliches ist dann in der ersten theologischen Wahrnehmung des Islam bei christlichen Theologen wie Johannes Damascenus zu beobachten: Er ordnet die islamische Religion („Ismaeliten“) unter die christlichen Irrlehren ein. Die Wiedergabe der Position des anderen gleicht in solchen Quellen eher einer polemischen Karikatur als einer realen Beschreibung und wurde doch über Jahrhunderte weitertradiert und verfestigt. Von einem Dialog im Sinne der Wertschätzung der Position und des Selbstverständnisses des anderen kann hier kaum gesprochen werden, so dass heute auch aufgrund der Wirkungsgeschichte die Frage nach der bleibenden Normativität dieser Quellen gestellt werden muss.

3. Religionsgespräche im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit

Im Mittelalter kommt es an verschiedenen Orten, nicht selten veranlasst durch die Herrschenden, zu organisierten Religionsgesprächen (verwendete Termini: disputatio, colloquium, sermo, dialogus u. a.). So soll bereits um das Jahr 500 am Hof der persischen Sassaniden ein Gespräch zwischen einem Juden, einem Christen und einem Heiden stattgefunden haben. Der Koran kann in Teilen als Zeugnis eines Religionsgesprächs zwischen Muhammad einerseits und Juden, Christen und Polytheisten andererseits verstanden werden. Kurz nach der islamischen Eroberung christlicher Gebiete ab 632 kam es zu Religionsgesprächen zwischen christlichen und islamischen Würdenträgern, oft in Form brieflicher Korrespondenzen. Berühmt ist der Dialog zwischen dem Katholikos der ostsyrischen Kirche Timotheus I. und dem Kalifen al-Mahdi um 781. Ähnliche höfische oder durch religiöse Führer veranlasste Religionsgespräche sind im europäischen Hochmittelalter überliefert, wie die christlich-jüdischen (Zwangs-)Disputationen zu Paris (1240), Barcelona (1263) und Tortosa (1413–1414). Im Unterschied zu diesen für die Juden unfreien Gesprächen, die eher „Prozessen“ glichen, war das Religionsgespräch des Benediktinerabtes von Westminster Gilbert Crispin mit einem Juden Ende des 11. Jh. von gegenseitiger Achtung, ja Freundschaft und gemeinsam verabredeten Regeln geprägt. In dieser Linie stehen auch das „Gespräch eines Philosophen, eines Juden und eines Christen“ von Peter Abaelard oder das „Buch vom Heiden und den drei Weisen“ von Ramon Llull. Auf jüdischer Seite entsteht 1171 das Buch „Kusari“ von Jehuda Halevi. Kennzeichen dieser literarischen Dialoge, hinter denen oft reale Dialogerfahrungen standen, war die Überzeugung, dass mit Hilfe der universalen Vernunft (Vernunft – Verstand) und Logik (z. B. Widerspruchsfreiheit) die religiöse Wahrheit eher zu erweisen ist als nur mit dem partikularen Bezug auf heilige Schriften. Die Philosophie wird hier zum (scheinbar) neutralen Richter. Der vernunftbetonte Zugang wurde durch die Rezeption der griechischen Philosophie in der arabisch-islamischen Theologie und Philosophie ermöglicht und beeinflusste dann durch rege Übersetzung und Kommentierung auch die jüdische und christliche Scholastik in Europa, vermittelt durch die interreligiöse Konvivenz in Andalusien. Auch die mystischen Strömungen von Juden, Christen und Muslimen dürften sich in dieser Zeit und Gegend stark beeinflusst haben.
Pionier einer dialogischen Haltung des Respekts und der Lernbereitschaft war Franz von Assisi durch sein Gespräch mit dem Sultan in Ägypten (1219) als Gegenprogramm zur Kreuzzugsideologie. Berühmt sind auch die Dialoge des griechischen Metropoliten Gregorius Palamas und des byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos mit Muslimen in Anatolien im 14. Jh. Nikolaus von Kues entwirft in seinem Werk „De pace fidei“ eine Vision der Einheit und Eintracht der Religionen, bes. von Juden, Christen und Muslimen mit Abraham als gemeinsamem Vater des Glaubens. Reale Religionsgespräche gab es auch zwischen Hindus und Buddhisten in Indien, in der Moghulzeit unter Beteiligung der Muslime, in China zwischen Christen, Buddhisten, Konfuzianern und Taoisten, in Japan zwischen Jesuiten und Buddhisten, in Lateinamerika zwischen christlichen Missionaren und Angehörigen indigener Religionen. In „Die Rettung des Hieronymus Cardanus“ (1754) greift Gotthold Ephraim Lessing wieder das Modell des literarischen Religionsdialogs auf. Betrachtet man die Geschichte, so wird deutlich, dass Religionsgespräche wesentlich eine Form der Konfliktbearbeitung darstellten und in Methode, Verlauf und Ergebnis stark von den jeweiligen sozialen und politischen Umständen und Räumen abhingen.

4. Interreligiöser Dialog im 20./21. Jh.

4.1 Anfänge des interreligiösen Dialogs in der Moderne

Eine unvoreingenommenere Erforschung der nicht-christlichen Religionen durch die aufkommende Religionswissenschaft und Orientalistik im 18./19. Jh. und ein stärker historisches, kontextuelles und intersubjektives Verständnis von religiöser Wahrheit waren notwendige Voraussetzungen für einen sachlicheren Dialog. In dieser Zeit entstanden – parallel zur ökumenischen Bewegung – die ersten internationalen Strukturen interreligiöser Begegnung im Kontext der Herausforderung der Moderne und Globalisierung. 1893 trat in Chicago aus Anlass der Weltausstellung erstmals das „Weltparlament der Religionen“ zusammen; die Wirkung war jedoch sehr begrenzt. Erst 1993 kam das Parlament erneut zusammen und verabschiedete die vom katholischen Theologen Hans Küng initiierte „Erklärung zum
Weltethos“. Seitdem trifft sich das Parlament alle fünf bis sechs Jahre. 1921 gründete der Religionsphänomenologe Rudolf Otto analog zu einem politischen Völkerbund den Religiösen Menschheitsbund, der letztlich jedoch ebenso folgenlos blieb wie die League of Religions (1919) im angelsächsischen Raum und ähnliche elitäre, idealistische Versuche weltweit, die als eine Antwort auf Modernisierungs- und Globalisierungsprozesse mit ihren Chancen und Verwerfungen zu sehen sind.
Erst die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs und der Shoa führten allmählich in der zweiten Hälfte des 20. Jh. zu verstärkten interreligiösen Dialogbemühungen, zunächst v. a. im christlich-jüdischen Verhältnis, das zumindest für die christliche Seite aufgrund der religiösen Nähe und schuldbehafteten Geschichte eine Besonderheit darstellt. Die Entwicklung einer „Dialogphilosophie“ durch Martin Buber, Ferdinand Ebner, Emanuel Levinas u. a. lieferte dabei einen bedeutenden Beitrag zur ethischen Begründung des Dialogs: „Dialog ist die Nicht-Gleichgültigkeit des Du für das Ich“ (Levinas 1981: 78). So wurde „Dialog“ zu einem vielfach verwendeten Schlüsselbegriff und Paradigma in Philosophie, Theologie und Humanwissenschaften.
1947 fand in der Schweiz eine erste wichtige internationale Konferenz zwischen Christen und Juden statt, auf der die „Seelisberger Thesen“ verabschiedet wurden. In Deutschland wurden ab 1948 auf Initiative der USA die ersten Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit gegründet. Im selben Jahr erschien erstmals der „Freiburger Rundbrief“ zur katholisch-jüdischen Verständigung. 1961/70 wurde die World Conference on Religions and Peace gegründet, heute unter dem Namen RfP (Religions for Peace) bekannt und mit zahlreichen örtlichen Gruppen weltweit vertreten.
Pioniercharakter für den christlich-muslimischen Dialog hatten Initiativen wie die Religionsgespräche in Mödling bei Wien, der GRIC in Frankreich oder das Theologische Forum Christentum – Islam in Deutschland (seit 2005). Auf muslimischer Seite ist bes. das Royal Aal al-Bayt Institute for Islamic Thought in Amman im i.n D. aktiv und hat mit der Erklärung „A common word“ 2007 islamische Grundlagen des Dialogs mit Juden und Christen formuliert. Seit 2008 gibt es das Katholisch-Muslimische Forum zwischen Vertretern dieses Instituts und Vatikan-Vertretern.

4.2 Das dialogische Paradigma in der katholischen Kirche

Die katholische Kirche stand dem I.n D. lange Zeit skeptisch bis ablehnend gegenüber, da sie für sich selbst den alleinigen Besitz der Wahrheit und der Heilsmittel beanspruchte (vgl. Konzil zu Florenz, 1442). Der jahrhundertelange Exklusivitätsanspruch („Außerhalb der Kirche kein Heil“) verhinderte die für einen echten Dialog notwendige Haltung der Offenheit und des Respekts gegenüber den religiösen Überzeugungen anderer. Dennoch gab es auch hier bereits vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil Pioniere wie Gertrud Luckner, Louis Massignon, Georges Anawati OP, Henri Le Saux OSB, Hugo Lassalle SJ, Henri de Lubac SJ, Heinrich Dumoulin SJ oder Robert Caspar PA. V. a. Vertreter der Orden waren und sind durch ihre weltweite Verbreitung und Tätigkeit Vorreiter des I.n D.s. Das Zweite Vatikanische Konzil selbst musste erst nach einer angemessenen Haltung und Verhältnisbestimmung zu den anderen Religionen suchen. Papst Paul VI. lieferte dafür die Basis mit seiner Antrittsenzyklika „Ecclesiam suam“ (1964), in der er den Dialog („colloquium“) zum Wesensmerkmal der Kirche erklärte, weil Gott selbst einen Dialog mit den Menschen führt. Auf dieser Basis bestimmte das Konzil das Verhältnis der Kirche zu den anderen Religionen nach einem konzentrischen Modell von Nähe und Distanz (LG 16). In der Konzilserklärung NA (1965) formuliert die Kirche ihre Aufgabe, durch Dialog und Zusammenarbeit Versöhnung zwischen den Völkern und Menschen herzustellen. Erstmals erkannte die katholische Kirche darin auch Wahres und Heiliges in den anderen Religionen an (NA 2). Die nachkonziliaren lehramtlichen Äußerungen führten diese Linie fort. Die katholische Kirche verfügt damit über eine verbindliche theologische Grundlage für den I.n D. und die Beziehung zu den anderen Religionen (Theologie der Religionen).
Noch während des Konzils (1964) errichtete der Papst das vatikanische Sekretariat für die Nichtchristen (seit 1988 Päpstlicher Rat für den interreligiösen Dialog), das formelle Beziehungen v. a. zu islamischen Institutionen pflegt. Die Beziehungen zum Judentum sind beim Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen angesiedelt. Ähnliche Einrichtungen zur Förderung und Institutionalisierung des I.n D.s gibt es auf Ebene der nationalen Bischofskonferenzen und der einzelnen Diözesen. Der Dialogbegriff setzte sich jedoch erst in den Jahren nach dem Konzil als normative Vorgabe für die Beziehung zu anderen Religionen durch. Ähnlich wie im protestantischen Bereich kam es ab den 1970er Jahren zu einer verstärkten Reflexion und Diskussion über das spannungsvolle Verhältnis von Dialog und Mission. Ein Novum in der Geschichte der Religionen und des Religionsdialogs war die Einladung Papst Johannes Pauls II. von religiösen Repräsentanten zu einem Friedensgebet nach Assisi 1986. Dieses Beispiel wurde in der Folge Anstoß für multireligiöse Gebetstreffen weltweit.

4.3 Christliche Ökumene und interreligiöser Dialog

Die innerchristliche Ökumene ist hinsichtlich ihrer Grundlagen und Ziele vom I.n D. zu unterscheiden, doch gibt es Überschneidungen und Interdependenzen. Der Ökumenische Rat der Kirchen begann mit einer Konferenz im ceylonesischen Kandy 1967 den Dialog mit dem Islam und richtete 1971 eine eigene Unterabteilung für den Dialog mit Menschen anderer Religionen ein. Dialog und Verkündigung wurden als zwei einander ergänzende Weisen christlichen Zeugnisses gesehen. 1979 verabschiedete der Zentralausschuss des ÖRK „Leitlinien zum Dialog mit Menschen verschiedener Religionen und Ideologien“. Mitte der 1980er Jahre hat der evangelische Theologe Theo Sundermeier die „Konvivenz“, das Mitleben, Mitlernen, Mitfeiern mit anderen, als Form von Dialog und Mission formuliert. Das Spektrum an Positionen zum Verhältnis und Dialog mit anderen Religionen ist im protestantischen und orthodoxen Christentum deutlich breiter als in der offiziellen katholischen Lehre. Insofern wurde das Thema in den letzten Jahrzehnten zu einem neuen Kontroversthema in der christlichen Ökumene. In der „Charta Oecumenica“ (2001) verpflichteten sich die christlichen Kirchen in Europa jedoch auf den Dialog mit den anderen Religionen (Art. 10–12). Das Dokument „Das christliche Zeugnis in einer multireligiösen Welt“ von 2011 bezeugt außerdem einen breiten weltweiten ökumenischen Grundkonsens im Verhalten gegenüber Menschen anderen Glaubens.

4.4 Voraussetzungen, Ebenen, Ziele, Hindernisse des interreligiösen Dialogs

Aus der Geschichte der antiken und mittelalterlichen Religionsgespräche, die selten im Kontext eines herrschaftsfreien Diskurses stattgefunden haben und bei denen die Wahrheit meist schon im Vorhinein feststand, lässt sich zum einen die Forderung ableiten, dass ein echter Dialog frei von Zwängen sein und auf Augenhöhe stattfinden muss. Gewisse Asymmetrien (rechtlicher und gesellschaftlicher Status, Strukturen, Finanzen, Ämter etc.) lassen sich nicht immer überwinden, sie sind aber zumindest zu reflektieren. Zum anderen lässt sich das Ziel beschreiben, wonach es in einem idealen Dialog weniger um einen Disput oder ein Streitgespräch geht, bei dem es am Ende einen argumentativen Sieger gibt, sondern eher um ein Zu- und Aufeinanderhören, um ein wechselseitiges Zeugnisgeben vom eigenen Glauben und gemeinsames Ringen um die Wahrheit oder den besseren Weg. Dialog ist somit nicht nur eine bestimmte Form der Kommunikation, sondern setzt eine bestimmte Haltung voraus, nämlich die Wertschätzung und Anerkennung des anderen, Offenheit, Empathiefähigkeit, Lernbereitschaft und Kritikfähigkeit. Darüber hinaus hat sich ein weiterer Dialogbegriff durchgesetzt, der nicht nur den Austausch mit Worten meint.

So sprechen kirchliche Dokumente von verschiedenen Aspekten und Zielen des I.n D.s, die alle Dimensionen des menschlichen Lebens erfassen: a) Dialog des alltäglichen Zusammenlebens in Nachbarschaft, Schule, Freizeit, bei dem es um das gegenseitige Kennenlernen etwa durch praktizierte Gastfreundschaft, den Abbau von Ängsten und Vorurteilen und den Aufbau von Vertrauen geht; b) Dialog des theologischen Austausches, bei dem das Suchen von Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten, Unterschieden und Bezügen in religiöser Praxis und Lehre im Zentrum steht; c) Dialog der Praxis, d. h. des gemeinsamen Handelns, etwa im caritativen oder zivilgesellschaftlichen Bereich zum Wohl der Gemeinschaft oder im Dienst am Nächsten; und schließlich d) Dialog der religiösen Erfahrung, bei dem das tiefere Eindringen in die spirituellen Traditionen angezielt wird, etwa durch das Miterleben von Gebeten oder Riten der anderen oder durch Formen des voreinander oder gemeinsam vollzogenen Betens und Meditierens, z. B. bei multireligiösen Friedensgebeten oder im sogenannten „intermonastischen Dialog“. Die Frage, ob und wie religionsübergreifend gebetet werden kann, ist innerhalb der Religionen strittig. Alle Ebenen des I.n D.s dienen letztlich dem friedlichen Zusammenleben verschiedener Religionsgemeinschaften auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Insofern ist der I. D. auch von gesellschaftlicher und politischer Relevanz, da religiöse Aspekte und Akteure nicht selten eine wichtige Rolle in Konflikten spielen.
Methoden und Ziele des I.n D.s haben seit den 1990er Jahren auch in die religionspädagogischen Konzepte des „interreligiösen Lernens“ Eingang gefunden, bei denen es nicht nur um eine Vermittlung von Wissen über andere Religionen geht, sondern um ganzheitliche Lernprozesse durch konkrete Begegnung.
In allen Religionen gibt es gegenwärtig Strömungen und Positionen v. a. fundamentalistischer Art (Fundamentalismus), die sich aus Angst vor Religionsvermischung und Identitätsverlust oder einer Haltung der Intoleranz heraus gegen den I.n D. wenden. Ziel des I.n D.s ist jedoch weder das Suchen nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner religiöser oder ethischer Überzeugungen noch die Herstellung einer Einheitsreligion bzw. das Aufgeben eigener Identität. Ziel ist vielmehr das wechselseitige Lernen, eine Vertiefung und Bereicherung der eigenen religiösen Identität und die Respektierung der religiösen Überzeugung und Praxis des anderen, auch wenn sie der eigenen widerspricht. Die religiöse Vielfalt hat jedoch Grenzen durch die universalen Freiheits- und Gleichheitsrechte, weil diese zugleich die Bedingung der Möglichkeit religiöser Vielfalt darstellen.


Autor/in
Andreas Renz

Literatur Quellensammlungen:
CIBEDO e. V. (Hg.): Die offiziellen Dokumente der katholischen Kirche zum Dialog mit dem Islam, 2009 • E. Fürlinger (Hg.): Der Dialog muss weitergehen. Ausgewählte vatikanische Dokumente zum interreligiösen Dialog, 2009 • H. H. Henrix/W. Kraus (Hg.): Die Kirchen und das Judentum, Bd. 2, 32001 • R. Rendtorff/H. H. Henrix (Hg.): Die Kirchen und das Judentum; Bd. 1, 32001.
Lexika/Hdb./Reihen:
V. Meißner u. a. (Hg.): Hdb. christlich-islamischer Dialog, 22016 • R. Heinzmann (Hg.): Lexikon des Dialogs – Grundbegriffe aus Christentum und Islam, 2 Bde., 2013 • Reihe Theologisches Forum Christentum – Islam, ab 2006.
Allgemein:
S. Heine u. a. (Hg.): Christen und Muslime im Gespräch, 2014 • A. Renz: Die katholische Kirche und der interreligiöse Dialog, 2014 • K.-J. Kuschel: Leben ist Brückenschlagen. Vordenker des interreligiösen Dialogs, 2011 • R. Bernhardt: Ende des Dialogs? Die Begegnung der Religionen und ihre theologische Reflexion, 2005 • M. Lutz-Bachmann/A. Fidora (Hg.): Juden, Christen und Muslime. Religionsdialoge im Mittelalter, 2004 • M. von Brück/W. Lai: Buddhismus und Christentum, 2000 • O. Limor: Art. Religionsgespräche III. Jüdisch-christlich, in: TRE, Bd. 28, 1997, 649–654 • J. Waardenburg: Art. Religionsgespräche I. Allgemein/II. Muslimisch-christlich, in: TRE, Bd. 28, 1997, 631–648 • E. Levinas: Dialog, in: F. Böckle (Hg.): Christlicher Glaube in moderner Gesellschaft, Teilbd. 1, 1981, 61–85.
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A. Renz: Interreligiöser Dialog, Version 08.06.2022, 09:10 Uhr, in: Staatslexikon8 online, URL: https://www.staatslexikon-online.de/Lexikon/Interreligi%C3%B6ser_Dialog (abgerufen: 03.06.2024)
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Brief an den Pfarrer einer evangelischen Gemeinde, 2022


Sehr geehrter Herr Pfarrer,

vielen Dank für die Zusendung Ihres Schreibens, in dem Sie an das Kirchengeld erinnern.

Ich bin mit der Taufe Mitglied der evangelischen Kirche geworden.
Durch meine Lebensgeschichte gibt es zu diesem Glauben noch heute eine Verbindung.
Mein Großvater väterlicherseits war Pastor in Berlin.
Meine Eltern, beide evangelisch, haben mit uns Kindern bei Tisch und abends am Bett gebetet und gesungen.
Unser Pfarrer in Kirchheim bei München, in meiner Jugendzeit, war ein ernster, bescheidener Mann, bei dem ich in jeder seiner liturgischen Handlungen, und in jedem persönlich gesprochenen Wort, seine tiefe Beziehung zu Gott fühlen konnte.
Ich bin im christlichen Glauben gewachsen. In der inneren Auseinandersetzung als Heranwachsende, habe ich ein wichtiges Tor gefunden, das mich zu existentiellen Fragen von Religionswissenschaft und -Philosophie geführt hat.
Das Studium der Religionspädagogik habe ich mit dem Vordiplom abgeschlossen,
Ich wollte eine Pädagogin sein, die den Kindern eine Brücke zu dem Lebendigen, dem Einen vermittelt.
Immer deutlicher wurde mir, dass das Eine, das Unteilbare, das mit Worten nicht greifbar ist, durch Dogma und Ritus definiert, eine Form annimmt, die das Heilige Eine zu einer bewahrenswerten Sache macht, die verteidigt werden muss.

Dogma und Ritus jeder Religion können den Weg bereiten, den Glaubenden Mut, Kraft und religiöse Identität zu schenken. Und es sind Dogma und Ritus, die die Grenzen definieren, zwischen den Religionen der Welt, Grenzen, die Ursache wurden und sind, für Fanatismus und Kriege.

Sie schreiben :“Wir sind immer Teil des Ganzen“.

Das Ganze ist für mich eine weltumspannende Ökumene.
Ökumene, – das gemeinsame Land -, ist für mich als kleinste Einheit : diese Erde.
Die Schwestern und Brüder in dieser Ökumene, das sind mir alle fühlenden Wesen, ob Pflanze, Tier oder Mensch, ob verkörpert oder unverkörpert.
Die Gewissheit in meiner Seele, dass G O T T WIRKLICHKEIT ist, wird überleben, wenn alles, das mich von anderen unterscheidet, erlischt.

Diese WIRKLICHKEIT ist Segen, und gibt unendliches Vertrauen.

Die Welt ist voller Gottesbeweise. Jeden Augenblick können wir daran teilnehmen.
Jede Umkehr in der Seele hin zu Verstehen und Verzeihen, jeder nur so kleine Augenblick verkörperter Liebe, ist ein Gottesbeweis, – im Fortgang einer Auseinandersetzung, in der Begegnung mit einem Kind, in der Berührung des Atems mit dem, das darin gegenwärtig ist.

Hier darf ich voller Dankbarkeit Platz nehmen.
Hier ergießt sich unendlicher Segen, und unendlich ist er immer da, für alle Ewigkeit, in allen Geschöpfen.

Sind Sie wirklich, Herr Pfarrer, der Meinung, einer von Menschen geschaffenen Institution, obliegt es, den Zugang zum Segen Gottes zu verwalten, zu limitieren ?

Es fehlt den Kirchen an existenzieller Kraft.
Der Gesang im Kirchenschiff erstirbt, wenn der Staat dies fordert.
Die EKD solidarisiert sich mit gesellschaftspolitisch vorgegebenen Narrativen, die in der Folge Bevölkerungsgruppen diskriminieren.
Wenn die Institution sich vom existentiellen Glauben zu entleeren beginnt, wird es abgesegnet, Menschen aufgrund ihres Impfstatus‘ vom Abendmahl auszuschließen, wird es abgesegnet, dass journalistisch tätige Menschen wie Frau v. Weizäcker, freimütig ihren Hass auf einer der EKD nahen Webseite preisgeben, gegenüber Menschen, die sich nach gründlicher Recherche dazu entschlossen haben, sich mit den neuen Impfstoffen nicht impfen zu lassen.
Wir lesen dort, dass Frau v. Weizäcker kein Mitgefühl für diese Menschen aufbringen kann.

Jede Religion weiß um die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen.
Und jede Religion weiß im Kern, dass der Weg zur Erlösung etwas damit zu tun haben muss, es zu wagen, Liebe zu verkörpern.
Eine Liebe, die langmütig ist, die versucht, zu verstehen, und die mit dem Herzen versteht.

Zumindest dieses lebendige Wissen sollte die Institution Kirche vermitteln und leben können.

Das persönliche Engagement jedes Einzelnen, jeder Einzelnen in den evangelischen, katholischen, jüdischen, islamischen, buddhistischen Gemeinden in Deutschland und von Menschen, die anderen Wegen angehören, die Welt zu einem gerechteren, zu einem liebe-volleren Ort, zu einer Ökumene aller Geschöpfe Gottes werden lassen, achte ich sehr, und ich trage auf meine Weise dazu bei.

Das Leid in unser aller gemeinsamen Land, Erde, ist sehr groß.
Bitte verstehen Sie, dass ich für meinen kleinen möglichen Beitrag zur Linderung von Leid, andere Adressaten gewählt habe.

Beste Grüße,

Ginkha K. Volkmann